Irreversible Straight Cut

Crime/Drama/Mystery
Crime/Drama/Mystery

[Einleitung]
Viel Aufmerksamkeit sowie Kritik erntete Filmemacher Gaspar Noé mit seinem 2002 veröffentlichten (Skandal-)Thriller „Irréversible“ durch die brutale und grausame Darstellung einer Vergewaltigung und der darauffolgenden Rache – nur eben in umgekehrter Reihenfolge – so auch der Bezug zum Titel. In den Hauptrollen wurde der Film top besetzt mit Monica Bellucci und Vincent Cassel, an deren Seiten ebenfalls noch Albert Dupontel, Jo Prestia, Philippe Nahon, Stéphane Drouot und weitere spielen. Dieser Straight Cut erscheint nun als Steelbook Variante auf Blu-ray Disc sowie DVD. Ich bekam die Gelegenheit geboten die Standard Definition-Fassung genauer anzuschauen.

Inhalt
Alex wird auf dem Heimweg von einer Party brutal vergewaltigt und misshandelt. Sie ist alleine nachhause gegangen ohne ihren Freund Marcus, von dem sie ein Kind erwartet und der nicht in der Lage ist, die zarten Gefühle, die zwischen ihnen bestehen, zuzulassen. Ohne Pierre auch, ihren Ex-Freund, der sie noch immer liebt. Was folgt, ist eine Jagd von Marcus und Pierre, getrieben von Verzweiflung und blinder Rache. Eine Irrfahrt durch die Nacht, die in einem Sado-Maso-Club der Schwulenszene mit einem Mord endet, der genauso sinnlos ist, wie die Tat an sich. Der Falsche wird gerächt, die Dunkelheit wird nicht vertrieben.
(Quelle: Studio Canal Home Entertainment)

[Kommentar]
Straight Cut geht in einer abweichenden Chronologie vor als der 2002 veröffentlichte Schnitt des Films. Warum? Es scheint, als wären bestimmte inhaltliche Aspekte bei der gewählten Erzähltechnik nicht komplett oder vielleicht gar falsch beim Publikum angekommen. Somit erscheint nun der identische Inhalt, jedoch in einem technisch abweichenden Zusammenhang, also der Chronologie des Geschehens. Eben so, wie Menschen Zeit empfinden: nach vorne gerichtet. Ist das gut oder schlecht? Die Antwort darauf ist zu einem gewissen Teil auch Geschmacksache.

Inhaltlich geht es hier richtig zur Sache, mal unabhängig vom technischen Erzählstil. Rabiat, brutal, grausam und eben so intensiv und gedrungen, als das einem der Film auch sehr sehr schnell deutlich missfallen kann. Denn warum sollte man sich so etwas anschauen? Auch diese Frage kann nicht ausschließlich mit dem Begriff der filmischen Kunst beantwortet werden. Doch eines ist klar, die drastische Erzählweise, die sehr gut gespielten Rollen und die daraus entstehende, dichte Intensität sind schon sehr bemerkenswert, ohne das dabei ein Kern der Geschichte verloren geht.

Dies wird unterstützt von einem ebenfalls eher technischen Handwerkskniff, denn die erste Hälfte des ursprünglichen Titels ist mit einem zarten Unterton behaftet, und zwar in einer Tonfrequenz, die bei einigen Menschen Übelkeitsgefühl und Unwohlsein hervorrufen kann. Apropos ursprünglicher Titel. Wir erhalten in diesem DVD-Set beide Fassungen, den 2002 gezeigten ursprünglichen Schnitt (rückwärts erzählt) sowie den erst jüngst kurze Zeit gezeigten Straight Cut. „Irreversible“ ist schlussendlich eher Genre-Kino denn Mainstream.

[Technik]
Definieren wir hier kurz zwei Varianten der technischen Beurteilung. Denn filmtechnisch betrachtet stellt „Irreversible“ wie vorgenannt dargestellt etwas eigensinniges, besonderes, innovatives und auch gewagtes dar. Technisch im Sinne der Umsetzung auf DVD hingegen ist der Titel in einer Güte abgefasst, welche die inhaltliche Ausrichtung gekonnt unterstreicht. Nicht immer die perfekte Ausleuchtung, hier und dort farblich überzeichnete Aspekte und eine Kameraführung, die den Betrachter möglichst einbeziehen zu versucht. Kontrast und Kantenschärfe sind in Ordnung, wirken außerhalb der Irreversible-Blase jedoch nicht unbedingt konkurrenzfähig zur Hollywood-Elite.

Abgedreht wurde der Skandal-Thriller von 2002 und 2019 (Straight Cut) in einem anamorphen Breitbild-Transfer im Ratio 2.35:1. Tonal gesellt sich hierzu wahlweise französischer oder aber deutschsprachiger Dolby Digital 5.1-Surround Sound. Zusätzlich enthalten sind ebenfalls die DD Stereo-Tonspuren. Alles in allem bringt der Ton das Geschehen auch für die Ohren auf den Punkt. Besonders erwähnenswert ist der Subton in einer kaum wahrzunehmenden Tonfrequenz, was hier als künstlerisches Mittel zu werten ist. Solide Kost, keine Frage, mit einer hohen Qualität in Bezug auf die Dialoge.

[Fazit]
„Irreversible – Straight Cut“ kann sich seine Nische sichern, soviel steht fest. Inhaltlich mögen sich die Geister scheiden, qualitativ in Sachen Umsetzung auf DVD und dieses Steelbook-Set hingegen gelang alles sehr gut. Die technische Präsentation ist gelungen und die Tatsache, dass wir den Titel hier im ursprünglichen Kino-Schnitt sowie dem neuen Straight Cut erleben ist ebenfalls für Fans mehr als interessant. Mitnichten gehört der Titel zu jenen Werken, die man sich zur Freude mehrfach anschaut. Zweifelsfrei ist „Irreversible“ jedoch jeden Dialog und Diskurs wert.

  • Audiokommentare von Gaspard Noé und Filmwissenschaftler Prof. Dr. Marcus Stiglegger
  • Featurette „Die umkehrbare Reise“
  • Die Spezialeffekte

Diese Collector’s Edition im ansehnlich gestalteten und sehr passenden Schuber abgefasst erhielt – wen wundert’s – eine FSK Einstufung von ab 18 Jahren. Die Kinofassung läuft rund 93, der Straight Cut 86 Minuten. Alles in allem ist das ein sehr gelungenes Paket zu einem kontroversen Titel, der im Audiokommentar viel Substanz zu bieten hat. „Irreversible“ ist seit dem 10. Dezember 2020 zu einem Kaufpreis von rund 14,- Euro im Handel, was keinesfalls teuer erscheint. Für Cineasten und Genre-Kenner mit Sicherheit eine Empfehlung wert. Alle anderen könnten bestenfalls überrascht, schlechteren Falls geschockt sein.

Andre Schnack, 18.01.2021

Film/Inhalt:★★★★☆☆ 
Bild:★★★★☆☆ 
Ton:★★★★☆☆ 
Extras/Ausstattung:★★★★☆☆ 
Preis-Leistung★★★★☆☆ 

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